Ein Spitzengespräch
Bischof Martin Hein beim hessischen Bauernpräsidenten Karsten Schmal
Von Karl-Günter Balzer
Gruppenfoto im Stall der Familie Schmal: Steffen Schmal (v.l.n.r.), Bischof Prof. Dr. Martin Hein, Ute Göpel, Christian Meibohm, Hartmut Schneider, HBV-Präsident Karten Schmal, HBV-Geschäftsführer Peter Voss-Fels, HBV-Vizepräsident Heinrich Heidel, Pfr. Dr. Jochen Gerlach, Sonnele Göckeritz, Dekanin Petra Hegmann, Pfr. Karl-Günter Balzer, Pfr. Kurt Heyer (Foto: Katrin Hess)
Waldeck-Sachsenhausen. Die Kuhherde bestimmt das Leben auf dem Hof von Karsten Schmal. 365 Tage im Jahr benötigen die Tiere die Aufmerksamkeit und die Arbeitskraft der Bauersfamilie. Zwei Arbeitskräfte in Teilzeit helfen. 180 Kühe werden im halboffenen Laufstall gehalten. „Jedes unserer Tiere hat seinen eigenen Charakter“, sagt Schmal. Das macht es notwendig, dass immer ein Familienmitglied beim Melken dabei ist. Ein ständiger Wechsel von Bezugspersonen ist für die sensiblen Tiere schwierig.
Karsten Schmal ist eng mit seiner Landwirtschaft verbunden. Das wird deutlich, als er Prof. Dr. Martin Hein, den Bischof der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, über seinen Hof und durch den Stall führt. Hein ist zusammen mit einer Delegation der Fachstelle „Kirche im ländlichen Raum“ auf den Hof des Präsidenten des Hessischen Bauernverbandes (HBV)gekommen. Er sucht das Gespräch mit Schmal und will sich über die Themen, Sorgen und Probleme der Landwirte informieren.
Seit zehn Monaten steht Karsten Schmal an der Spitze des HBV. Jährlich fährt er 80.000 Kilometer, vertritt in Politik und Handel die Interessen der hessischen Bauern. Sohn Steffen und Ehefrau Doris halten den Betrieb am Laufen, wenn er unterwegs ist. Schmal weiß, wie es den Landwirten geht, weil er und seine Familie die Auswirkungen der politischen und wirtschaftlichen Entscheidungen erleben. Die Themen liegen auf dem Tisch. Zum Beispiel der viel zu niedrige Milchpreise, der den Bauern schwer zu schaffen macht. Die Discounter haben den Preis für die Milch auf Ramschniveau gesenkt und die großen Handelsketten machen das gerne mit. Das freut die Verbraucher. Die Molkereien erhalten nur niedrige Einnahmen, die sie noch niedriger an die Milchbauern weitergeben.
Schmal zeigt die Auswirkungen auf. Viele Milchbauern arbeiten umsonst, beuten sich regelrecht selbst aus. Dringend notwendige Investitionen können nicht mehr vorgenommen werden. Noch schlimmer ist es für die Landwirte, die in neue Stallbauten investiert haben und jetzt bei den Banken in der Kreide stehen. In solchen Zeiten reift bei etlichen Bauern schweren Herzens der Entschluss, den Hof aufzugeben.
An dieser Stelle bringt Bischof Hein die Mitarbeitenden der Fachstelle „Kirche im ländlichen Raum“ ins Gespräch. Hartmut Schneider und Christina Meibohm von der Beratungsstelle „Familie und Betrieb“ bieten zusammen mit Ehrenamtlichen persönliche Beratung in Krisen und bei Hofübergaben an. Sonnele Göckeritz , Ute Göpel und Karl-Günter Balzer organisieren Veranstaltungen, halten Vorträge und erstellen Materialien zur Entwicklung des ländlichen Raums, zu Landbewirtschaftung und Tierhaltung. Ihnen allen liegt die Zusammenarbeit mit dem Hessischen Bauernverband und den Kreisverbänden am Herzen, wie Referatsleiter Dr. Jochen Gerlach betont.
Dass das Verhältnis zwischen Kirche und Bauernverband nicht immer ungetrübt ist, wird im Gespräch nicht ausgespart. Nicht selten kommt es bei Verpachtungen von Kirchenland zu Konflikten. Unterlegene Bieter schreiben Ihren Ärger schon mal direkt an den Bischof. Dieser verweist jedoch auf die Alleinverantwortung der Kirchengemeinde vor Ort. Allerdings gibt die Landeskirche auch Hilfen an die Hand, damit das Pachtverfahren fair und transparent ablaufen kann. Unter Mitarbeit der Fachstelle „Kirche im ländlichen Raum“ hat die Landeskirche eine Arbeitshilfe erstellt, die der Bischof in seinem Vorwort den Kirchengemeinden empfiehlt.
Andere Themen können nur kurz angerissen werden. Kann die Kirche Direktvermarkter durch das Aufstellen von Verkaufsautomaten unterstützen? An Tierwohl und Gentechnikfreiheit sind Bauernverband und Kirche interessiert. Präsident Schmal macht allerdings deutlich, dass das nicht zum Nulltarif den Bauern abverlangt werden kann. Gemeinsame Themen gibt es viele, stellt auch Martin Hein fest. Beide bewerten das Gespräch als konstruktiv und wichtig. Es soll fortgesetzt werden. Am 16. Oktober wird Hein seine Position im biblischen Horizont ausführen können. Denn dann findet das Landeserntedankfest des HBV in Bad Arolsen statt. Im Festgottesdienst um 14.00 in der Stadtkirche wird Bischof Prof. Dr. Martin Hein predigen. (30.08.2016)
Weitere Informationen:
Kirche im ländlichen Raum auf www.arbeitswelt-ekkw.de
Hessischer Bauernverband auf www.hessischerbauernverband.de
Weitere Bildmaterialien finden Sie auf www.kgbalzer.net
Vorankündigung: Am 21. Oktober um 20.00 Uhr findet in der Gaststätte Carle in Marburg-Cappel ein Podiumsgespräch zur Milchkrise statt. Das Gespräch zwischen Vertretern aus Politik, Handel und bäuerlichen Verbänden wird von Karl-Günter Balzer moderiert.